Information Clearing House
Eva Strieffler und Ute Anni Dreibholz haben einen Beitrag geteilt.
Eva Strieffler
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„Ukraine – Zeit der Entscheidung für Biden“ –
Information Clearing House. 06.09.22
( http://www.informationclearinghouse.info/57233.htm )
Übersetzt von Fee Strieffler und Wolfgang , Jung, 09.09.22
MEMORANDUM der Veteran Intelligence Professionals for Sanity an Präsident Biden (s. https://de.wikipedia.org/…/Veteran_Intelligence… )
GEGENSTAND: Entscheidung über das weitere Vorgehen in der Ukraine
BEZUG: VIPS-Memorandum – Die Erfindung der Atomwaffen kann nicht rückgängig gemacht werden (s. https://www.antiwar.com/…/intel-vets-nuclear-weapons…/ )
Herr Präsident,
bevor Verteidigungsminister Austin am Donnerstag zu dem Treffen der Ukraine Defense Contact Group nach Ramstein fliegt (s. https://www.usafe.af.mil/…/ramstein-to-host-its-second…/ ), schulden wir Ihnen ein paar Worte der Warnung. Aufgrund unserer jahrzehntelangen Erfahrung wissen wir, was mit Geheimdienstinformationen in Kriegszeiten passiert. Wenn Minister Austin Ihnen sagt, dass Kiew die Russen zurückschlagen wird, dann sollten Sie ihm auf den Zahn fühlen – und darüber nachdenken, Ihren Beraterkreis zu erweitern.
Die Wahrheit ist das A und O bei der Analyse von Geheimdienstinformationen. Es trifft aber auch zu, dass die Wahrheit das erste Opfer eines Krieges ist, und das gilt für den Krieg in der Ukraine ebenso wie für frühere Kriege, an denen wir beteiligt waren. Im Krieg kann man sich nicht darauf verlassen, dass Verteidigungsminister, Außenminister und Generäle die Wahrheit sagen – weder gegenüber den Medien noch gegenüber dem Präsidenten. Das haben wir früh gelernt – auf harte und bittere Weise. Viele unserer Mitstreiter sind nicht aus Vietnam zurückgekommen.
Vietnam: Präsident Lyndon Johnson zog es vor, General William Westmoreland zu glauben, der ihm und Verteidigungsminister McNamara 1967 sagte, dass Südvietnam gewinnen könne – wenn der Präsident nur zusätzliche 206.000 Soldaten nach Vietnam schicken würde. CIA-Analysten wussten, dass das nicht stimmte und – was noch schlimmer war – dass Westmoreland die Zahl der feindlichen Soldaten, mit denen er es zu tun hatte, absichtlich fälschte, indem er behauptete, im Süden stünden „nur 299.000“ vietnamesische Kommunisten unter Waffen. Die US-Geheimdienste berichteten damals, dass es in Wirklichkeit 500.000 bis 600.000 waren. Als sich während der landesweiten kommunistischen Tet-Offensive Anfang 1968 herausstellte,dass die Zahl der Geheimdienste richtig war, beschloss Johnson, nicht mehr für eine weitere Amtszeit zu kandidieren.
Da in der Liebe und im Krieg alles erlaubt ist, waren die Generäle in Saigon entschlossen, ein rosiges Bild zu zeichnen. In einem Telegramm vom 20. August 1967 aus Saigon erläuterte Westmorelands Stellvertreter, General Creighton Abrams, die Gründe für ihr Täuschungsmanöver. Er schrieb, dass die höheren Feindzahlen, die von praktisch allen Nachrichtendiensten bestätigt worden waren, „in scharfem Kontrast zu der aktuellen Gesamtstärke von etwa 299.000 Mann stehen, die der Presse mitgeteilt wurden“. Abrams fuhr fort: „Wir haben in den letzten Monaten ein Bild des Erfolgs projiziert,“ und warnte: „Beim Bekanntwerden der höheren Zahlen, dürften „alle Erklärungen die Presse nicht davon abhalten, falsche und düstere Schlussfolgerungen zu ziehen.“
Der Niedergang der Bildanalyse: Bis 1996 verfügte die CIA über eine unabhängige Fähigkeit zur unbelasteten militärischen Analyse, die es ihr ermöglichte, die Wahrheit herauszufinden – selbst im Krieg. Ein wichtiger Pfeil im Analyseköcher war die ihr zufallende Verantwortung für die Durchführung von Bildanalysen für die gesamte Intelligence Community. Sein früher Erfolg bei der Lokalisierung sowjetischer Raketen auf Kuba im Jahr 1962 hatte dem National Photographic Interpretation Center (NPIC) einen soliden Ruf für Professionalität und Objektivität eingebracht. Dieses Zentrum trug wesentlich zu unserer Analyse des Vietnamkriegs bei. Später spielte es eine Schlüsselrolle bei der Bewertung der sowjetischen strategischen Fähigkeiten und bei der Überprüfung von Rüstungskontrollvereinbarungen.
Als das NPIC und seine 800 hochprofessionellen Bildanalysten 1996 mit all ihrer Erfahrung dem Pentagon unterstellt wurden, hieß es Abschied nehmen von der unparteiischen Aufklärung.
Irak: Der pensionierte Luftwaffengeneral James Clapper wurde schließlich mit der Leitung des NPIC-Nachfolgers, der National Imagery and Mapping Agency , abgekürzt NIMA, betraut und war somit in der Lage, den (vom Pentagon gewünschten) „Krieg der Wahl“ gegen den Irak vorzubereiten.
In der Tat ist Clapper einer der wenigen hochrangigen Funktionäre, die zugeben, dass er sich unter dem Druck von Vizepräsident Cheney „anstrengte“, um Massenvernichtungswaffen im Irak zu finden; er konnte keine finden, machte aber trotzdem mit. In seinen Memoiren nimmt Clapper einen Teil der Schuld für diesen folgenschweren Betrug – er nennt ihn „sein Versagen“ – bei der Suche nach den nicht vorhandenen Massenvernichtungswaffen auf sich. Er schreibt: „Wir „waren so erpicht darauf, Cheney zu helfen, dass wir fanden, was nicht wirklich da war“.
Afghanistan: Sie werden sich an den extremen Druck erinnern, der von Verteidigungsminister Gates, Außenministerin Clinton und Generälen wie Petraeus und McCrystal auf Präsident Obama ausgeübt wurde, um die Entsendung weiterer Truppen nach Afghanistan durchzusetzen. Es gelang ihnen, die Analysten des Geheimdienstes beiseite zu schieben und sie bei Entscheidungsfindungssitzungen auszuschließen. Wir erinnern uns, dass Karl Eikenberry, der US-Botschafter in Kabul, ein ehemaliger Generalleutnant der Armee, der die Truppen in Afghanistan befehligt hatte, sich beklagte und eine objektive Geheimdienstanalyse über das Für und Wider einer Truppenaufstockung forderte. Uns sind auch Berichte bekannt, wonach Sie (Herr Biden) sich zurückhielten, weil Sie spürten, dass eine Vertiefung des US-Engagements ein Irrweg wäre. Erinnern Sie sich, als General McChrystal im Februar 2010 eine „Regierung in einer Kiste, die sofort einsatzbereit ist“ in der wichtigen afghanischen Stadt Marja versprach?
Präsident Obama hat, wie Sie wissen, auf Gates und die Generäle gehört. Im Sommer letzten Jahres wurde es Ihnen (Präsident Biden) überlassen, sozusagen die Scherben aufzusammeln. Was das Fiasko im Irak betrifft, so hat der „Surge“, den Gates und Petraeus auf Geheiß von Cheney und Bush durchführen sollten, fast tausend zusätzliche „Überstellungsfälle“ in die Leichenhalle von Dover gebracht, während Bush und Cheney in den Ruhestand gehen konnten, ohne einen Krieg verloren zu haben.
Was das unverwüstliche Teflon-Mäntelchen des ehemaligen Verteidigungsministers Gates betrifft, so hatte er nach seinen fatalen Ratschlägen zum Krieg im Irak und in Afghanistan die Chuzpe, in einer Rede in West Point am 25. Februar 2011, kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt, Folgendes zu sagen:
„Meiner Meinung nach sollte jeder künftige Verteidigungsminister, der dem Präsidenten rät, wieder eine große amerikanische Landarmee nach Asien oder in den Nahen Osten oder nach Afrika zu schicken, ’seinen Geisteszustand prüfen lassen‘, wie es General [Douglas] MacArthur so treffend ausgedrückt hat.“
Syrien: Auch der Ruf des derzeitigen Verteidigungsministers Austin ist nicht ungetrübt: Er sah sich auch schon dem Vorwurf ausgesetzt, Geheimdienste zu politisieren. Während er von 2013 bis 2016 Oberbefehlshaber des CENTCOM (s. https://en.wikipedia.org/wiki/United_States_Central_Command ) war, haben mehr als 50 Militäranalysten dieser Regionalkommandos im August 2015 eine förmliche Beschwerde beim Generalinspekteur des Pentagons eingereicht, weil ihre Geheimdienstberichte über den Islamischen Staat im Irak und in Syrien von der obersten Führungsebene in unangemessener Weise manipuliert worden seien. Die Analysten behaupteten, ihre Berichte seien von höheren Stellen geändert worden, um sie mit der öffentlich verbreiteten Darstellung der Regierung in Einklang zu bringen Darin wurde behauptet, die USA würden den Kampf gegen ISIS und die Al-Nusra-Front, die Al-Qaida-Ableger in Syrien, gewinnen.
Im Februar 2017 stellte der Generalinspekteur des Pentagons fest, die Behauptungen, nachrichtendienstliche Informationen seien von Mitte 2014 bis Mitte 2015 von hochrangigen CENTCOM-Bediensteten absichtlich verändert, verzögert oder unterdrückt worden, „weitgehend unbegründet“ gewesen und wischte die Beschwerde der Analysten einfach vom Tisch.
Zusammenfassung: Wir hoffen, dass Sie sich die Zeit nehmen, diesen geschichtlichen Rückblick zur Kenntnis zu nehmen und zu berücksichtigen, bevor Sie Minister Austin nach Ramstein schicken. Darüber hinaus wird die heutige Ankündigung, dass Russland beabsichtigt, die Gaszufuhr durch Nord Stream 1 zu unterbrechen, bis die westlichen Sanktionen aufgehoben sind, wahrscheinlich einen erheblichen Einfluss auf Austins Gesprächspartner haben. Es könnte sogar dazu führen, dass die europäischen Regierungschefs eher geneigt sind, eine Art Kompromiss zu finden, bevor die russischen Streitkräfte weiter vorrücken und der Winter einbricht. Wir hoffen, dass Sie ausreichend über den wahrscheinlichen Ausgang der jüngsten ukrainischen „Offensive“ informiert sind.
Vielleicht möchten Sie auch den Rat des CIA-Direktors William Burns und anderer Personen einholen, die Erfahrung mit der Geschichte Europas – und insbesondere Deutschlands – haben. Medienberichten zufolge wird sich Außenminister Austin in Ramstein dazu verpflichten, der Ukraine noch mehr Waffen zu liefern, und seine Kollegen auffordern, dasselbe zu tun. Wenn er sich an dieses Drehbuch hält, dürfte er nur wenig Zustimmung finden – vor allem unter denjenigen, die der Winterkälte am stärksten ausgesetzt sind.
Für die STEERING GROUP der Veteran Intelligence Professionals for Sanity
William Binney, NSA Technical Director for World Geopolitical & Military Analysis; Co-founder of NSA’s Signals Intelligence Automation Research Center (ret.)
Marshall Carter-Tripp, Foreign Service Officer (ret.) and Division Director, State Department Bureau of Intelligence and Research
Bogdan Dzakovic, former Team Leader of Federal Air Marshals and Red Team, FAA Security (ret.) (associate VIPS)
Graham E. Fuller, Vice-Chair, National Intelligence Council (ret.)
Philip Giraldi, CIA, Operations Officer (ret.)
Matthew Hoh, former Capt., USMC, Iraq & Foreign Service Officer, Afghanistan (associate VIPS)
Larry Johnson, former CIA Intelligence Officer & former State Department Counter-Terrorism Official (ret.)
John Kiriakou, former CIA Counterterrorism Officer and former senior investigator, Senate Foreign Relations Committee
Karen Kwiatkowski, former Lt. Col., US Air Force (ret.), at Office of Secretary of Defense watching the manufacture of lies on Iraq, 2001-2003
Linda Lewis, WMD preparedness policy analyst, USDA (ret.)
Edward Loomis, Cryptologic Computer Scientist, former Technical Director at NSA (ret.)
Ray McGovern, former US Army infantry/intelligence officer & CIA analyst; CIA Presidential briefer (ret.)
Elizabeth Murray, former Deputy National Intelligence Officer for the Near East, National Intelligence Council & CIA political analyst (ret.)
Pedro Israel Orta, former CIA and Intelligence Community (Inspector General) officer
Todd Pierce, MAJ, US Army Judge Advocate (ret.)
Scott Ritter, former MAJ., USMC, former UN Weapon Inspector, Iraq
Coleen Rowley, FBI Special Agent and former Minneapolis Division Legal Counsel (ret.)
Sarah G. Wilton, CDR, USNR, (Retired)/DIA, (Retired)
Ann Wright, Col., US Army (ret.); Foreign Service Officer (resigned in opposition to the war on Iraq)
Die Veteran Intelligence Professionals for Sanity , abgekürzt VIPs, setzt sich aus ehemaligen Geheimdienstoffizieren, Diplomaten, Militäroffizieren und Kongressmitarbeitern zusammen. Die 2002 gegründete Organisation gehörte zu den ersten Kritikern der Rechtfertigungen Washingtons für einen Krieg gegen den Irak. Die VIPS setzt sich für eine US-amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik ein, die sich auf echte nationale Interessen stützt und nicht auf erfundene Bedrohungen, die hauptsächlich aus politischen Gründen konstruiert werden.
(Wir haben den Artikel mit DeepL-Unterstützung übersetzt und Links in runden Klammern eingefügt.)
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Anmerkung: Präsident Biden hat die Warnung der VIPS offensichtlich in den Wind geschlagen, denn sein Verteidigungsminister Loyd Austin hat bei dem Treffen der Ukraine Defence Contact Group auf der Air Base Ramstein auf angebliche Erfolge der ukrainischen Gegenoffensive verwiesen und Kiew die Lieferung weiterer Haubitzen, Artilleriemunition, Panzerabwehrwaffen und sonstigen Kriegsgeräts in Aussicht gestellt.
Die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat ein „Winterpaket“ mit Zelten, Stromgeneratoren und warmer Kleidung zugesagt und will an der Kampfmittelabwehrschule der Bundeswehr in Stetten (Baden-Württemberg) rund 20 ukrainische Soldaten im Suchen und Räumen von Minen ausbilden lasen, die auch von der Bundesrepublik Deutschland geliefert (s. https://www.bundesregierung.de/…/lieferungen-ukraine… ) und von Ukrainern verlegt worden sein dürften.
Wie ein Konzept zur baldigen Beendigung des Krieges in der Ukraine liest sich das nicht.Biden und andere Kriegstreiber in den USA und in der NATO scheinen unbelehrbar zu sein.